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Reine Neugier

treibt Robert Herbig zu immer neuen Interviews mit verschiedenen Persönlichkeiten aus dem Netzleben, Politik und Wirtschaft. 27 Interviews hat er bereits auf sagmal.de veröffentlicht. Im Apfel-Interview erzählt er über seine Motive und Erfahrungen.


 

KriT: Sag mal, Robert, Du machst seit der Jahreswende fleissig E-Mail-Interviews mit Menschen in verschiedensten Zusammenhängen. Warum? Wie kam es dazu? Was willst Du erreichen?

Robert: Gleich drei Fragen auf einmal. Sagmal.de ist eigentlich zufällig entstanden. Anfänglich suchte ich nach Inhalten für mein Magazin compadre.de. Dabei dachte ich auch daran, einige der bekannteren Leute im Netz, wie Stefan Münz, Sven Lennartz, Stefan Karzauninkat, Uschi Hering und auch Ralph Segert zu Ihren »Karrieren im Netz« zu befragen. Von Stefan Münz bekam ich zunächst überhaupt keine Antwort, Sven stimmte einem Interview gleich zu. In meinem Mail an ihn schrieb ich: »Ich habe für Dr. Web schon soviel Werbung in verschiedenen Foren gemacht, da muss es doch möglich sein, ein Interview mit dir zu machen.« Als Antwort kam: »Ich habe das schon bemerkt und es ist nicht unangenehm.« Als die ersten fünf Interviews schon auf compadre.de online waren, fand ich beim Stöbern nach noch freien Domainnamen zufällig sagmal.de. Da kam mir die Idee unter der Domain eine reine Interviewseite zu machen. Im März 2000 eröffnte dann sagmal.de mit 7 Interviews seine Pforten. Und bei meiner zweiten Anfrage an Stefan Münz, dann schon unter sagmal.de, bekam ich auch gleich eine Zusage :o))

Robert Herbig


KriT: Hat Tim Berners-Lee schon geantwortet?

Robert: Teils, teils. Ich habe Tim zwei Mails geschickt. Auf meine erste Anfrage kam gleich am Tag darauf eine nette Absage mit dem Hinweis auf seine Arbeit, die es ihm im Moment nicht erlaube, Zeit für ein Interview zu erübrigen. In meinem zweiten Mail fragte ich ihn, ob ich es denn im August, September, Oktober, November, Dezember, 2001, 2002, 2003, noch mal probieren dürfe. Auf das zweite Mail hab ich noch keine Antwort bekommen. Ich hoffe also immer noch. Wenn du jedoch einen heissen Draht zu Tim hast... :o))


KriT: Auffallend an der Reihe der Interviewten ist diese Mischung. Entscheider aus Vorstandsetagen treffen sich mit Machern freier Projekte. Was soll dieser Mix dem Leser sagen? Willst Du eine Meta-Botschaft vermitteln, die über die Aussagen der Interviewten hinausgeht?

Robert: Verzeih, aber bei Deiner Frage muss ich an einen Maler denken, rotes Käppi, lila Latzhosen, Musketierbart, der sich auf einer Ausstellung vor sein Kunstwerk, meist ein paar rote und blaue Vierecke auf gelbem Hintergrund stellt und die unheilvollen Worte spricht: Mir ging es um die Botschaft! Nein, im Ernst, ich hatte nie vor, eine Botschaft zu vermitteln. Man könnte mich wohl eher als Egoisten bezeichnen. Denn in Wirklichkeit mache ich diese Interviews nur für mich. Vor kurzem wurde mir im Spotlight Webdesignforum, in dem ich mich immer herumtreibe, vorgeworfen, keinen wirklich investigativen Journalismus zu betreiben, weil ich einen meiner Interviewpartner bei meinen Fragen nicht mit den Mißständen in seiner Firma konfrontierte. Das war auch nie der Sinn meiner Interviews. Mir geht es eigentlich nur darum, meine eigene Neugier zu befriedigen. Und wenn ich jemanden anschreibe und ihn um ein paar Antworten auf meine Fragen bitte, dann kann ich die Fragen und die Antworten doch auch öffentlich machen, damit die, denen vielleicht die gleichen Fragen im Kopf herumschwirren, auch davon profitieren können. So einfach ist das.


KriT: Ich habe bei einem Web-Interview erlebt, dass der Interviewte nur oberflächlich und ausweichend auf meine Fragen geantwortet hat, sie waren wohl zu unangenehm. Ich habe das Interview nicht veröffentlicht. Ist das schon passiert? Wie würdest Du reagieren?

Robert: Nicht wirklich. Wer mir bisher Interviews zusagte und mir dann die Antworten zuschickte, hat sich eigentlich immer Mühe gegeben. Mein schwierigstes Interview war mit Mainhardt, Graf Nayhauß. Die Fragen gingen von mir per Fax nach Berlin zu seiner Sekretärin, die das Ganze dann über das Büro in Bonn nach Frankreich schicken liess, wo sich Graf Nayhauß gerade aufhielt. Irgendwann kamen die relativ kargen Antworten dann per Fax aus Frankreich bei mir an.

Eine ehrliche Absage bekam ich z.B. von John de Mol, dem Besitzer von Endemol, der auch Big Brother nach Deutschland brachte. Sein Pressesprecher teilte mir mit, Herr de Mol gäbe nur sehr wenige Interviews (wohl nur welche mit einer Kamera). Mir völlig unverständlich waren die Absagen auf zwei Interviewwünsche, die ich an den Bundesnachrichtendienst und die Hamburger Justizsenatorin geschickt hatte. Die Begründung des BND war äusserst schwach. Nachdem ich um ein Interview gebeten hatte, sollte ich die Fragen zuschicken, sie würden geprüft. Dann kam der lapidare Hinweis, alle meine Fragen würden auf der Homepage des BND bereits ausreichend erklärt. Das mag einerseits ja stimmen, aber, ich frage Dich: Wer besucht freiwillig schon die Homepage des BND?


»Wer besucht freiwillig schon die Homepage
des BND?«

 

Dr. August Hanning, der Präsident des BND erklärt auf der Homepage, er freue sich, nach mehr als 40 Jahren als erster Präsident in der Geschichte des BND in die Öffentlichkeit gehen zu dürfen. Klasse! Aber ein Interview im Internet, sozusagen als Werbung für einen Nachrichtendienst war dann wohl doch zu offen. Ich habe mich bedankt und mein Bedauern ausgedrückt, dass so eine Chance nicht genutzt wird. Ich habe seitdem nichts mehr vom BND gehört. Vielleicht melden die sich noch einmal, wenn ein Bericht über mich und meine Aktivitäten vorliegt. ;o))

Die zweite Enttäuschung war die Justizsenatorin der Freien und Hansestadt Hamburg, Frau Dr. Lore Maria Peschel-Gutzeit. Durch die ganze Geschichte mit Abmahnwahn und Urteile mit Links zu anderen Seiten dachte ich daran, mir in diesem Umfeld einen Interviewpartner zu suchen. Und da ich ja immer ganz nach oben gehe, schrieb ich an die Justizsenatorin, die für die Gerichte in Hamburg zuständig ist und bat höflich um ein Interview. Zwei Tage später klingelte dann das Telefon. Die Pressesprecherin der Senatorin musste den Wunsch nach einem Interview leider ablehnen. Die Frau Senatorin könne sich zu Urteilen ihrer Richter nicht äussern und wäre selbst gerade erst dabei, sich Kenntnisse über das Medium Internet anzueignen. Mir stellte sich dabei die Frage: Wenn sich die Oberste Justizchefin jetzt erst Kenntnisse aneignet, wie muss denn dann der Wissensstand der einfachen Richter sein, die ja Urteile über das Internet in unserem Namen, also im Namen des Volkes, gesprochen haben? Das hab ich mir im Stillen gedacht, ausgesprochen hab ich diese Frage allerdings nicht. Man will es sich ja mit Richters nicht verderben.

Hmmm, wie war nochmal Deine Frage? Ach ja, ich würde das Interview wohl auch nicht bringen. Bin abgeschweift, sorry :o))


KriT: Was ist das Spannendste, was das Unangenehmste an E-Mail-Interviews? Welche Vorteile haben sie gegenüber anderen Texten im Web?

Robert: Die fehlende Spontanität ist für den Fragesteller wohl der grösste Nachteil. Vorteile hat eigentlich nur der, der die Antworten gibt (das dachte ich zumindest, bis ich an diese Frage kam).

Man kann lange überlegen, man kann redigieren, Fragen lange auf sich wirken lassen, die Antworten immer wieder von Grund auf neu formulieren. Als unangenehm empfinde ich als Fragesteller langes Warten auf die Antworten. Die Ungewissheit. Was kommt zurück? Waren meine Fragen zu frech? Habe ich den Interviewpartner auch nicht mit meinen Fragen beleidigt? Waren meine Fragen verständlich?


»...ob er als Couch-Potato mit dem Herrn Ministerpräsidenten durch alle Fernsehkanäle zappt?«
 

Professor Dr. Helmut Thoma, den Medienberater des Ministerpräsidenten von NRW hab ich zum Beispiel als erstes gefragt, ob er als Couch-Potato mit dem Herrn Ministerpräsidenten durch alle Fernsehkanäle zappt. Ich warte gespannt auf seine Antwort.

Spannend ist die Entdeckung, mit dem Beantworter auf der gleichen Wellenlänge zu sein. Bei vielen Antworten ertappe ich mich dabei, ständig nickend zu lesen. Unangenehm ist, wenn man 4 Monate lang versucht, ein Interview mit unserem Herrn Bundeskanzler zu machen und nicht einmal eine Antwort auf bisher 5 höfliche Mails erhält. Die Frage sei erlaubt, was man im Pressebüro des Bundeskanzleramtes eigentlich macht, wenn man nicht einmal in der Lage ist, eine höfliche Absage auf ein E-Mail zu formulieren. Oder wenn man wie in einem anderen Fall nach 3 Monaten und 4 Mails endlich eine Zusage erhält, seine Fragen abschickt und dann 2 Monate lang nichts mehr vom Interviewpartner hört. Nein, unangenehm wäre wohl der falsche Ausdruck. Sowas ist frustrierend.


KriT: Wann ist in Deinen Augen ein Interview gut und wann schlecht? Hast Du feste Kriterien.

Robert: Gerade bei meinem letzten Interview mit der Journalistin Annette Kelter von Ex oriente lux habe ich ihr gegenüber behauptet, ein Interview lebe von den Antworten. Das wiederum hat sie verneint. Ein Interview lebe sowohl von den Fragen als auch von den Antworten. Wenn ich selbstkritisch bin, dann halte ich meine Fragen auf sagmal.de nicht für besonders geistreich. Die Antworten fast aller meiner Interviewpartner jedoch schon. Und ob meine Antworten auf Deine Fragen interessant sind oder gefallen......,da werden sich die Leser Deiner Interviews wohl selbst ein Urteil bilden müssen. Bei Annette hatte ich Recht. Ihre Antworten werten meine Fragen zweifelsohne auf.


KriT: Apropos schreiben? Nimmst Du an dem Surftipp-Wettbewerb write5 teil?

Robert: Bisher wusste ich nichts von dem Wettbewerb. Wenn es meine Zeit zulässt, wäre es eine Überlegung wert, zumal Deine reizende Verena mit in der Jury sitzt. Nein, das war kein Versuch der Bestechlichkeit :o))

Der Surftipp-Wettbewerb


KriT: Ich habe vergeblich nach ein paar Informationen über Dich gesucht. Keine Zeit oder Absicht? Ich frage mich, wie alt Du bist, was Du beruflich machst und was Deine Vorlieben und Abneigungen sind. Gibst Du ein wenig über Dich preis an dieser Stelle?

Robert: Absicht. Würde ich jetzt Schüchternheit sagen, bräche wohl unter denen, die mich kennen und irgendwann dieses Interview lesen, ein Proteststurm los. Ich bin 44 Jahre alt, seit 23 Jahren glücklich verheiratet, lebe in Weinheim/Bergstrasse und treibe mich täglich stundenlang im Internet herum.

Vor etwa 5 Jahren schlug ich einem befreundeten Bauingenieur, der gerade eine Firma gründete, vor, sein Angebot und seine Dienstleistungen, die Vermittlung von Handwerkerfirmen auch im Internet publik zu machen. Damals bastelte ich für ihn meine erste Homepage, mehr schlecht als recht. Wir arbeiten jetzt auch noch auf anderen Gebieten zusammen, die Angebote der Firma haben sich mittlerweile ausgeweitet, zum Beispiel auf den Bau von kostengünstigen Häusern. Als nach und nach Firmen, die mit uns zusammenarbeiteten, nach Präsentationen im Internet fragten, habe ich mir eben eine eigene Firmenpage gemacht und seither erstelle ich auch Webseiten. Hauptsächlich für den Handel und kleine Handwerksbetriebe.

Vorlieben und Abneigungen? Ich bin typischer Steinbock und als solcher ein Mensch, der z.B. Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit über alles liebt. Ausserdem Ironie bis hin zum Sarkasmus, oder zumindest das, was ich darunter verstehe. Die Meinungen gehen da bei mir und einigen, die mich glauben zu kennen, etwas auseinander.

Im Web habe ich eine Abneigung gegen Webseiten, die die sogenannte Interaktivität auf die Spitze treiben. Webdesigner, die bei der Erstellung von Seiten nur an sich denken, nicht aber an die Besucher der Seiten. Amateure, die gerade ihre erste Webseite mit Frontpage erstellen und darauf zugleich professionelles Erstellen von Seiten zum Preis von 20.-DM je Seite anbieten. Namhafte Agenturen, die den grundlegenden Unterschied zwischen farbenfrohen Werbeprospekten und Webseiten wohl nie verstehen werden und mit Ladezeiten jonglieren, als gäbe es im Web keine 28.8er Modems mehr. Die Liste liesse sich endlos fortsetzen.


KriT: Stichwort Netzerfahrung: Wie beschreibst Du Deine?

Robert: Hmm, gute Frage. Wenn man, so wie ich, täglich mehrere Stunden im Netz unterwegs ist, bleibt eine gewisse Erfahrung wohl nicht aus. Für unsere Firma bin ich ständig in Datenbanken und auf Bauservern unterwegs, auf der Suche nach Firmen, Aufträgen und Kontakten zu Maklern, Architekten und Investoren. Für meine Interviews recherchiere ich auf den jeweiligen Homepages meiner Interviewpartner. Oft finde ich durch die weiterführenden Links oder Querverweise neue interessante Seiten. Und neue Interviewpartner.


KriT: Wie nimmt Dein Umfeld das Internet wahr? Oder anders: Welche Vorurteile halten sich hartnäckig und was sind falsche und realistische Erwartungen?

Robert: Internet ist noch nicht so das große Thema in der Allgemeinheit. Meine Eltern waren vor einiger Zeit in den Staaten zu Besuch bei meinen Tanten und wurden dort eigentlich zum erstenmal richtig mit dem Internet konfrontiert. Wir trafen uns fast täglich in einem Chatraum, um Neuigkeiten auszutauschen. Jetzt kommt es manchmal vor, dass mich meine Mutter anruft und mich bittet, meiner Tante mal kurz ein Mail zu schicken. Das wäre noch vor einem Jahr undenkbar gewesen. Ein guter Anfang.

An den diversen Vorurteilen über das Netz sind meiner Meinung nach zum grossen Teil die Medien schuld. Mir rollen sich immer die Fussnägel auf, wenn ich in Sendungen, wie zum Beispiel Akte 2000, Moderatoren und sogenannte Internetspezialisten sehe, die mit ihren Beiträgen nicht wirklich über das Medium Internet aufklären wollen, sondern nur ihre Einschaltquoten im Kopf haben. Panik verkauft sich da einfach besser. Meiner Meinung nach wird sich das Internet erst in den nächsten 5-10 Jahren zum Allgemeingut wie Telefon, Fax oder Handy entwickeln. Dann allerdings rasant.


KriT: Zuguterletzt: Nimmst Du unsere Leser mit auf eine kleine kommentierte Reise durchs Web?

Robert: Meine Reise hängt in der Regel immer vom eigentlichen Zweck des Surfens ab. Privat, wenn man das so nennen kann, bin ich mehrmals täglich bei spotlight.de im Webdesignforum anzutreffen. Ich habe dort eine Reihe von Onlinebekanntschaften gemacht, die ich nicht mehr missen möchte und die ich auf diesem Wege auch alle grüsse. Darunter auch den »Ins reine Leser« meiner Interviews, Peter Dörling. Er korrigiert meine mangelhafte Grammatik bei den Fragen und Antworten. Was passiert, wenn er mal nicht liest, hast du ja bei Deinem Interview bemerkt. Peter hat eine private Homepage, die sich mit Genealogie, Schriften lernen, Philatelie und Holzgeistern befasst. Eine gute Mischung :o))

Immer wieder besuche ich Peter Djordjevic und Marco Perroulaz vom WebObserver wegen der interessanten Surftipps.

Oft bin ich auf der Seite Ex oriente lux meiner Freundin Annette. Und natürlich bin ich auch ständiger Gast auf Deinen Seiten. Allein, um zu sehen, wen du mir an interessanten Interviewpartnern wieder vor der Nase weggeschnappt hast. Du siehst, ich hänge an fast all meinen Interviewpartnern, auch über meine Interviews hinaus.

Bei meinen Interviews frage ich zum Schluss immer nach einem letzten Satz. Erlaube mir bitte, diesmal selbst noch einen Satz anzuhängen.


KriT: Aber sicher :-)- Noch einen Schlusssatz?

Robert: Das Internet ist rein praktisch gesehen nur eine unglaublich große Ansammlung von Daten. Es ist aber auch ein riesiger Kessel von Gedanken, Gefühlen, Ideen und Träumen. Jede Webseite, sei sie auch noch so schlecht, steht für den Versuch, aus der Anonymität der Masse auszubrechen.

Leute wie du, Ralph, fördern solche Versuche und helfen uns gleichzeitig, das menschliche innerhalb dieser Ansammlung von Daten zu finden. Dafür sollten wir ein klein wenig dankbar sein, denn Leute wie du, Ralph, hinterlassen Spuren...


KriT: *werd rot* Danke, ein schönes Lob. Kann ich glatt zurückgeben. :-)

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