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Lohnende Surfziele

Ein Interview mit KLE über seine vielen Webprojekte und die Arbeit im Netz


KriT: Wer sich im deutschsprachigen Web etwas auskennt, wird an KLE nicht vorbeikommen. Neben Deiner satirischen Homepage ueber Kaffeeloeffel bist Du Mitinitiator des "Imperiums", pflegst das Awardarchiv "ausgezeichnet" und stellst taeglich mit Deinen beiden Webpartnern in "Wohin heute?" neue Seiten vor. Welche Vorraussetzungen muß man eigentlich mitbringen, um so erfolgreich im Web zu sein?

KLE: Das Wichtigste ist wohl Idealismus. Die viele Zeit, die man in die einzelnen Projekte steckt, bezahlt einem kein Mensch, jedenfalls nicht mit Geld. Wenn man mit viel Spaß an einem Webprojekt arbeitet und seine eigenen Ideen entwickelt, ohne andere zu kopieren, ist das die beste Basis für ein gutes Webprojekt. Erfolg ist eh relativ. Die technischen Fähigkeiten kommen mit der Zeit von selbst, und wenn man ein gutes Projekt hat, helfen vereinzelte "Macher" auch gerne. Übrigens: den Awardindex habe ich inzwischen an einen Freund weitergegeben, da mir inzwischen leider die Zeit fehlt, um mich so um dieses Projekt zu kümmern, daß ich mich damit identifizieren kann.

KriT: Neben dem Idealismus hast Du doch sicher auch Wünsche, Erwartungen und Ziele, die Du mit Deiner Webarbeit verknüpfst.

KLE: Sicherlich. Als ich anfing fürs Netz zu schreiben und zu entwerfen, war es erst einmal Neugierde, was überhaupt mit dem Medium machbar ist. Inzwischen haben sich dadurch viele Freundschaften entwickelt auf den verschiedensten Ebenen, und über das Feedback auf die Kaffeelöffelheimseite lache ich mich oft selbst schlapp.

Ich studiere aber auch Kommunikationsdesign und sehe durchaus auch Berufschancen im Internet, die erste größere Homepage für Fremdkunden habe ich inzwischen auch gestaltet. Wieso sollte man also Hobby und Beruf nicht verbinden?

In absehbarer Zukunft will ich aber auch meine Diplomarbeit in Angriff nehmen und da wird sicherlich auch ein wenig HTML dabei sein.

KriT: Frißt die ganze Webberei nicht unsäglich viel Zeit?

KLE: Natürlich verbringe ich sehr viel Zeit zwischen den Welten, sonst hätte sich auch in der Zeit meines Online-Schaffens sich nicht so viel Material angesammelt. Als meine Telefonrechnung die astronomische Höhe von 950.-DM erreicht hatte, habe ich etwas die Notbremse gezogen. Bisher habe ich es mehr oder weniger geschafft, alles unter einen Hut zu bringen. Ich baue ja auch noch nebenbei eine Werbeagentur auf, worunter das Studium auch gelitten hat, da Drucktermine, Kundengespräche etc.schlecht verschoben werden konnten. Ich bin jetzt in meinem Studium so weit, daß ich endlich Nägel mit Köpfen machen will. Es kann natürlich sein, daß im Zeitraum der Diplomarbeit meine Netzarbeit leidet - da ist es gut, daß wir z.B. bei wohin.heute.de zu dritt sind.

KriT: Ihr habt Wohin heute? ja von der Firma Schlund übernommen. Wie kam es dazu und wie klappt die Zusammenarbeit mit Deinen beiden Netzfreunden?

KLE: Wir drei Impis, wie wir uns spaßeshalber untereinander anmailen, arbeiten erstaunlich gut zusammen. Was mir kaum einer glaubt, Stefan Gran habe ich noch nie in meinem Leben gesehen, Markus Oeder (E!LiMES) ist aber ein Freund von mir aus Kindertagen. Auch wenn wir sehr unterschiedlich arbeiten und sicherlich in nicht allen Punkten konform laufen, ist das eine gute Basis. Wir akzeptieren die Maroden der anderen und stecken auch schon mal persönlich zurück - wichtig ist erstmal, daß alles klappt. Ein "großes" Gemeinschaftsprojekt war meiner Meinung nach die logische Weiterentwicklung unserer Zusammenarbeit, die damit begonnen hatte, daß wir aus Kostengründen uns den Webspace teilten. Ich mochte wohin.heute.de schon immer, schließlich hat diese Seite damals, unter der Redaktion von Schlund, meine Kaffeelöffelheimseite aus der Anonymität gehoben. Als die Seite eingestellt werden sollte, rief ich bei Schlund an und bot an, daß wir sie weiterführen. Der Geschäftsführer, Andreas Gauger, hörte nur Imperium, Kaffeelöffelheimseite, Jägerschnitzel und einen Tag später hatten wir einen FTP-Zugang. Anscheinend hatten wir seinen Humor getroffen.

KriT: Für was steht heute das Imperium? Ihr seid ja nicht mehr nur ein Zusammenschluss dreier Homepages.

KLE: Na, rein mathematisch sind wir inzwischen mehr - ich habe gerade mal nachgezählt und komme auf etwa 13 Homepages. Man kann das aber nicht mehr so richtig zählen, da sich manche Projekte überschneiden. Aber was für was Imperium sonst noch steht, darüber habe ich mir eigentlich nie Gedanken gemacht- ich würde es einmal vorsichtig als Arbeitsgemeinschaft bezeichnen. Auch wenn ich offiziell als Webmaster auftrete, sind wir absolut gleichberechtigt untereinander. Es geht nicht nur mir so, ab und an überfällt uns ein Arbeitsanfall und dann wird keine Ruhe gelassen, bis das Projekt realisiert ist. Die Mietrechtseite von Stefan entstand z.B innerhalb von weniger als zwei Wochen, oder Markus surft und probiert schon einmal zwei Nächte durch, bis er ein Suchmaschinen-Script für unseren wohin heute-Coolschrank gefunden und angepaßt hat. Imperium lebt aber nicht nur von der internen Kooperation, wir arbeiten auch sehr eng mit externen zusammen. Unser "Hausprogrammierer" z.B. ist Konstantin Breu und ist inzwischen bei den freunden.imperium.de eingezogen. Auch unser Chat ist im Prinzip nicht wirklich "unser" Chat, sondern lediglich ein anderer Einstiegspunkt für den Worldchat, wir haben dort aber offiziell einen eigenen Channel und nach einer inoffiziellen Statistik sind immerhin 15% der Chatter über unsere Seite eingestiegen.

KriT: Du bist dann auch noch Mitinitiator der Spasswelle. Was ist das für eine Welle?

KLE: Mitinitiator ist gut - letztendlich habe ich die Welle selbst aus dem Boden gestampft und wie sollte es anders sein, es bleibt natürlich auch die meiste Arbeit an mir hängen. Am Anfang meiner Online-Tätigkeit war ich immer wieder auf der Suche nach neuen Möglichkeiten, meine Kaffeelöffelheimseite bekannt zu machen. Dabei bin ich im amerkanischen Netz auf die sogenannten Webrings gestoßen, eine Verbindung zwischen Homepages. Jedes Mitglied hat eine dreiteilige Grafik auf der Seite. Sie verweisen auf die Nachbarseiten im Ring und auf die Organisationsseite des Rings. Da ich ernstaft an den Deutschkenntnissen der amerikanischen Bevölkerung zweifelte, erschien mir ein eigenständiger, rein deutschsprachiger Webring sinnvoll. Und da es für den Besucher auch interessant sein sollte, habe ich das ganze unter unter das Motto Humor gestellt. Anfangs war es sehr schwierig, Mitglieder dafür zu finden, weil die Idee kaum jemanden überzeugte und viele das Banner auf der Startseite störte. Inzwischen hat sich daran aber einiges geändert. Die Spasswelle umfaßt inzwischen 56 Homepages und sie wächst sehr schnell. Die Spasswelle hat sich aber auch ganz anders weiterentwickelt, als geplant. Die meisten Mitglieder verstehen sie mehr als Gemeinschaft von Autoren als nur als einen reinen Webring. - Letztens bekam ich sogar eine Anfrage, ob jemand dem "Verein beitreten" könne. - Es entstanden einige Freundschaften unter einzelnen Mitgliedern und auch Gemeinschaftsprojekte.

KLE in Koeln

Manche Mitglieder empfinden es sogar als eine Auszeichnung, zur Welle zu gehören. Zwischen den Wogen unterhalten wir uns inzwischen über eine Maillingliste und es laufen Planungen, ein großes Treffen der Mitglieder zu veranstalten. Mit dieser Eigendynamik des Projektes hätte ich nie gerechnet, aber so gefällt es mir.

KriT: Nun, die Spasswelle war Dir ja nicht genuegend Arbeit, Du hälst ja auch hauptamtlich das erfolgreiche "Wohin heute?" am Leben. Jeder Tag ein neuer Surfttip. Wird der Wohin-Heute-Award eigentlich gerne angenommen und wer bewirbt sich eigentlich?

KLE: In der Regel sind die Webmaster der bei uns vorgestellten Seiten sehr erfreut, da eine Vorstellung bei wohin.heute.de in der Regel mit einem warmen Besucherregen verbunden ist. Etwa die Hälfte der Webmaster bedankt sich per Mail und viele zeigen ganz stolz unser Logo auf ihrer Seite, was uns natürlich freut. Positives Feedback entschädigt für einiges.

Ich würde wohin.heute.de nicht als Award im ursprünglichen Sinne ansehen, eher als Surftip. Es geht nicht darum Blumentöpfe unters Volk zu verteilen, sondern dem Sufer ein informatives, unterhaltsames und gut gestaltetes Programm zu bieten sowie gute Seiten für die Surfer zu entdecken. Gerne förden wir dabei auch neue, gerade entstandene Seiten und verhelfen ihnen zum ersten Besucheransturm, weil sie ihn verdient haben. Ich bin aber durchaus nicht unkritisch mit den vorgestellten Seiten, ab und an verteile ich auch schon mal einen Seitenhieb.

Wir bekommen sehr viele Bewerbungen. Es ist aber teilweise sehr frustrierend, was sich da alles um eine Vorstellung bewirbt. Private Homepages, gerade mal eine Woche im Netz, gröbste HTML Fehler, Websites, die jeglichen Inhalt vermissen lassen, oder Webdesign-Firmen, die sämtliche Grafiken direkt von ihrer Homepage verlink haben! Ich hatte vor kurzem einen kurzen Mailwechsel mit Rainer Lingmann, der einen ähnlichen Service bei Top.de führt - er hat die gleichen Probleme. Manche machen sich wirklich keine Gedanken darüber, ob für irgendjemand die eigene Homepage interessant sein könnte. Es ist heutzutage wirklich keine Leistung mehr ein GIF zu klauen, oder mit dem T-Online-Editor seine persönlichen Daten, daß man also tatsächlich geboren ist und zur Schule gegangen ist, in ein HTML-Dokument einzubinden. Damit mich keiner mißversteht, jeder hat mal klein angefangen, auch ich, doch man kann solche Homepages doch nicht als ultimativen Surftip hinstellen!

Obwohl wir täglich bis zu 30 Bewerbungen bekommen, müssen wir deshalb trotzdem auch mit Suchmaschinen, Linksammlungen, Zeitschriften und persönlichen Kontakten nach den lohnenden Surfzielen suchen.

KriT: Deine Webaktivität führt doch sicher auch zu Netzfreundschaften. Ich weiß, daß Du Dich schon mit einigen im real life getroffen hast. Was passsierte, was hast Du erlebt?

KLE: Logisch, daß Du das weißt - schließlich haben wir uns auch schon persönlich auf der Geburtstagsfeier der "Hausfrau" Carola Enning kennengelernt. Ich habe die verschiedensten Arten von Bekanntschaften und Freundschaften zwischen den Welten. Zwei meiner besten Freunde aus Jugendtagen sind sehr aktiv und das Netz ermöglicht einen näheren Kontakt auch über große Distanzen hinweg. Dann verbringe ich zur Zeit viele Stunden in Chatrooms und auch hier habe ich die verschiedensten Leute kennengelernt. Bei manchen bin ich fest davon überzeugt, daß wir uns im real Life nicht verstehen würden, andere habe ich schon besucht oder sie waren ein paar Tage bei mir. Das Ergebnis war unterschiedlich. Mit einer Chatbekannten habe ich eine richtig lustige Woche verlebt, bei anderen Bekannten, die ich einmal spontan besuchte, wurden meine Erwartungen leider nicht erfüllt - mehr als die Worte "ja" und "nein" bekam ich an den Abenden nicht zu hören.

Die Homepageautoren, die ich kenne, sind alle wunderbar krank, was mich sehr beruhigt. Ich habe das z.B. auf der erwähnten Feier, die inoffiziell spaßhaft als kleines Gipfeltreffen gehandelt wurde, erfahren. Für alle Außenstehenden: Carola Enning, Webmasterin der Hausfrauenseiten, feierte mit drei anderen eine große Geburtstagsfete und dort trafen sich Neben der Gastgeberin und ihrem, für die Technik verantwortlichen Mann Felix, auch noch Christoph Berndt von den Hafenkrankenhausseiten und Webpublik, Jeanette und Mirko Potthast von Frauen und Männerzimmer, ein gewisser Ralph Segert und ein als KLE bekannter Bernd Frank. Wenn jetzt jemand denkt, das wären alles Stubenhocker, die sich ohne Monitor und Tastatur nicht unterhalten können - weit gefehlt. Ganz witzige Partypeople und gute Gesprächspartner - ein richtig sympathischer Schlag Menschen. Einziger Unterschied zum "normalen" Partyvolk: Als wir nach einer runden Feier um vier Uhr früh unser Nachtquartier bezogen, mußten wir selbstverständlich noch mal einen Blick ins Netz werfen - jeder hat sich zwar etwas anderes gesucht, aber für mich war es sehr beruhigend, daß ich nicht der einzige bin, der nachts noch mal nachsieht, bevor man schlafen geht. Unter diesen Menschen fühle ich mich richtig wohl und man hat ab und an das Gefühl, sich schon Jahre zu kennen.

KriT: Hast Du weitere Projekte für die Zukunft geplant? Wohin soll gehen?

KLE: Irgendwie fällt mir immer mal wieder etwas neues ein, oder ich vermisse etwas zwischen den Welten. Wenn die Zeit und die Muse es erlauben, entstehen dann daraus wieder neue KLE´sche Projektchen. Meine neuste Idee ist 907, ein Automagazin. Das wird aber nicht so ein Magazin mit aufgemotzten Neuwagen oder Q-Tips-gepflegten Oldtimern. Mich interessieren viel mehr die Autos mit Seele, die Namen haben, oder mit der Farbwalze witzig umlackiert wurden und vor allem die Geschichten, die mit diesen Autos passiert sind. Ich stelle mir das sehr amüsant vor, es soll ein Mitschreibprojekt werden, der erste "Fremdbericht" ist auch schon da, und einige Netzbekannte haben auch schon ihre Mitarbeit angekündigt. Was danach kommt, weiß ich selbst nicht. Und ob der Beruf und das Privatleben in Zukunft weiterhin so viel Zeit für das Internet übrig lassen, wird sich zeigen. Laßt Euch überraschen!

KriT: Es ist soweit, der KriT-Apfel ist nun Deiner und wird Dir so schnell wie möglich zugeschickt. Freust Du Dich?

KLE: Natürlich freue ich mich! Ich habe mich ja sehr intensiv mit der deutschen Awardszene beschäftigt und kenne viele Tiefen und wenig Höhen. Der KriT-Apfel nimmt meiner Meinung nach eine Sonderstellung ein, da er die Person und nicht ein einzelnes Projekt auszeichnet. Die Liste der bisherigen Preisträger liest sich wie ein Who-is-who des deutschsprachigen Netzes. Und dazugezählt zu werden, das ehrt mich.