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Der Schockwellenreiter Was ein Blogger ist, was man mit Manila und Vanilla macht und wo ein Schockwellenreiter sich zu Hause fühlt, das erzählt Jörg Kantel. |
KriT: Als Weblogger betreibst Du eine Site names Der Schockwellenreiter. Was ist und macht ein Weblogger? Jörg: Ok ich bin Blogger (= Weblogger) und als solcher ist es meine Aufgabe, Links zu präsentieren, also wird auch dieses Interview mit Links gespickt sein. Tja, was ist ein Weblog? Ich übernehme am besten die Defintion von Reimar Kosack:
Eine Sammlung von Artikeln über Weblogs findet man hier. KriT: Wie wird man Blogger? Hast Du Lieblinge unter ihnen? Jörg: Ich weiß nicht, wie man Blogger wird, ich weiß nur, wie es bei mir war: Ich sah Sing Blue Silver und wollte auch so etwas haben. ;o) Es hatte etwas mit dem zu tun, was ich immer schon gemacht habe oder machen wollte: Informationen von unten, frei, unzensiert und ohne an Produktionsmittel gebunden zu sein.
Lieblinge? Ich lese natürlich viele andere Weblogs, meine
Links zeigen so etwas wie meine tägliche Lektüre. Es gibt so etwas
wie Freunde, auch wenn man sich noch nie im Real
Life gesehen hat. Es gibt ergiebigere und weniger ergiebigere
Weblogs. Und es gibt die »Großen«: KriT: Was ist Manila, was ist Frontier und wie geht man als Einsteiger damit um? Jörg: Manila ist ein Framework, das es erlaubt, Weblogs ohne große HTML- und Programmierkenntnisse zu führen. Es ist nicht das einzige Tool dieser Art, Blogger ist ebenfalls weit verbreitet, dann kenne ich noch Vanilla. Es gibt noch mehr solcher Tools und es gibt auch die einsamen Heroen der Bloggerwelt, wie Blowfish, die sich ihre Software selber stricken. ;o) Frontier ist die Applikation, in der Manila geschrieben ist. Es ist ein recht umfangreiches Tool zur Verwaltung von Web-Content. Um Frontier zu bedienen, braucht man schon umfangreichere HTML- und Programmierkenntnisse (Frontier besitzt eine eigene Programmiersprache: UserTalk). KriT: Warum der Homepagename Schockwellenreiter? Jörg: Der Schockwellenreiter ist ein SciFi-Roman von John Brunner, der seinerzeit sehr einflußreich war. Er hat eine ganze Generation zum Informatikstudium inspiriert - auch mich. Es geht in diesem Roman darum, daß eine Kaste von Computerspezialisten alle Macht an sich gerissen hat, weil sie als einzige über alle Informationen verfügte und diese auch für sich behielt. Und nur ein Dissident - eben der Schockwellenreiter - konnte die Macht brechen, weil er bei einem Sabotageakt alle Informationen allen zugänglich machte. So etwas freut natürlich meine alte, anarchistische Ader ;o) KriT: Jeden Tag stellst Du kommentierte Links ins Netz. Da ist Recherche, da ist E-Mail-Austausch mit anderen Weblogs, da sind auch noch andere Webprojekte von Dir. Warum machst Du Dir soviel Arbeit? Was treibt Dich an? Jörg: Weil ich lebe. ;o) KriT: Wie bist Du zum Internet gekommen und wie beschreibst Du Deine Entwicklung darin? Jörg: Nun ja, nach einem Leben als Speditionskaufmann habe ich den Zweiten Bildungsweg genossen und anschließend Mathematik, Informatik und Philosphie studiert. Dann habe ich die übliche Karriere gemacht: Programmierer, Systemadministrator und schließlich EDV-Leiter und Unternehmensberater. Seit 1994 bin ich EDV-Leiter am Max-Planck-Institut für Wissenschaftsgeschichte und dort werden viele Internet-Projekte durchgeführt, z.B. die Edition des Manuscript 72 von Galileo, die CDLI oder mein eigenes Projekt, das Virtuelle Laboratorium für Physiologie (Achtung, 6 MB fette PDF-Datei!) des 19. Jahrhunderts, an dem ich zusammen mit Sven Dierig und Henning Schmidgen arbeite. Im Laufe der Zeit wurden diese Projekte immer engagierter, anspruchsvoller und auch mein Know How, was die Durchführung von Internet-Projekten angeht, immer besser. ;o) Einige meiner Projekte entstanden als Fingerübungen, wie z.B. der Rollberg, der ursprünglich nur zeigen sollte, wie man einen News-Dienst in Frontier programmiert. Das ist dann zum Selbstläufer geworden. Andere sind noch vorläufig, wie die Planck-Site (nicht bookmarken, diese URL wird sich noch einmal ändern) und anderes ist Experiment, wie meine eigene Site, in der ich hauptsächlich teste und ausprobiere, aber auch Information - wie z.B. die über freie Programmiersprachen - die ich nicht woanders unterbringen kann, ins Netz stelle. Ein anderes Projekt, die herforder hat einen politischen Hintergrund. Das Netz ermöglicht es, für wenig Geld eine politische Zeitschrift zu publizieren, ohne daß man über Druckmaschinen, Vertriebswege etc. verfügen muß. Vorbild hierfür war die Morgenwelt (ebenfalls nach einem Roman von John Brunner benannt), die ähnliches erfolgreich als Wissenschaftszeitschrift geschafft hat. KriT: Wie beurteilst Du die Entwicklung des Internets in den letzten vier Jahren und wie sieht Deine Vision vom Internet aus? Jörg: Diese Frage möchte ich nicht beantworten, ich bin Blogger, kein Prophet. ;o) KriT: Auf Deiner Homepage veröffentlichst Du Texte zu "Komputerei und "Mathemagie". :-) Wie ist im Zusammenhang damit Dein Selbstverständins als Programmierer und was empfiehlst Du jungen Leuten, wenn sie Informatiker werden wollen? Jörg: Ich begreife mich nicht als Programmierer, meine Texte zur Komputerei und Mathemagie sind auch keine Texte für Informatiker, sondern Texte gegen Pseudowissenschaft und Esoterik. Ich war aber auch mal Kabarettist, bierernst ist das alles nicht zu sehen. Ja, und was soll ich jungen Leuten empfehlen? Spaß soll es ihnen machen, sonst ist es zwecklos. Spielen - niemand spielt leidenschaftlicher und mehr als Informatiker, von Mathematikern vielleicht abgesehen. Lust am Experiment und der Wunsch etwas völlig Neues zu machen, sind auch keine schlechten Voraussetzungen. Eine schlechte Voraussetzung wäre der Wunsch, Informatik zu studieren, um viel Geld zu verdienen. Wer diesen Wunsch hat, sollte Betriebswirt werden oder Zahnarzt. (Du siehst, ich habe keine Vorurteile.) ;o) KriT: Du bist "Member of the I HATE FRAMES CLUB". Warum? Jörg: Frames sind in HTML erst sehr spät und nur auf Druck der großen Browser-Hersteller aufgenommen worden. Sie sind der Struktur von HTML fremd und ihre Einbindung in HTML ist inkonsistent und fehlerhaft. Frames machen Schwierigkeiten bei der Navigation, lassen sich nicht verlinken (für Blogger das Killerkriterium überhaupt und entmündigen vielfach den Benutzer. Es ist z.B. nur mit Tricks möglich, Artikel von der TAZ oder der Jungen Welt vernünftig zu verlinken. Wie sieht das denn aus, wenn ich auf etwas verlinke und dann schreiben muß. »Dann im linken Rahmen auf Butterblume klicken, danach in der Navigationsleiste oben auf das heutige Datum. Mit viel Glück erscheint dann die gewünschte Seite.« ;o) KriT: Welche Surftipps stellst Du heute vor und wie hast Du sie entdeckt? Jörg: Weiß ich nicht, meine Surftips (alte Rechtschreibung) entstehen mehr oder weniger spontan. Aber ich kann einige Beispiele über das »wie« angeben. Ein wunderschöner Link zu Peter Greenaway und eine Dissertation über ihn: Zufällig entdeckt über einen völlig irreführenden Link bei Spiegel Online. Andere Links finde ich über systematisches, themenbezogenes Suchen (meine bevorzugte Suchmaschine ist Google), andere wiederum über assoziatives Suchen. Gib doch mal in die Suchmaschine Deines Vertrauens die Begriffe Waldbrand und Mineralwasser ein und laß Dich dann von den gefundenen Links entführen. Daneben gibt es auch so etwas wie Schwerpunktthemen: So möchte ich, angeregt durch eine Diskussion bei Netdyslexia, mal eine Linksammlung zu meinem most sexiest instrument, dem Akkordeon machen. Und ich möchte den Kiez, in dem ich lebe (Berlin-Neukölln) einmal mit einer Sammlung verrückter Links würdigen. (Nein, hier keine Links, ich möchte nicht vorgreifen. ;o) Und last but not least entdecke ich Links in anderen Weblogs, bei der Erstellung des Rollberg und in den Unmengen von Mailinglisten, die ich (teils beruflich, teils aus Neigung) abonniert habe. Und Freunde, die wissen, was ich mache, schicken mir Merkwürdigleiten, die sie im Netz entdeckt haben, per Email zu. KriT: Vielen Dank fuer das Interview und die vielen interessanten Links. :-) |
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